Gestern hat der Rat der Stadt über den Doppelhaushalt für 2025/2026 entschieden. Jede Fraktion, Gruppe, jedes Einzelratsmitglied hatte fünf Minuten Redezeit um sich zum Haushaltsentwurf zu äußern. Nachfolgend die Rede unserer Fraktion:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrter Herr Wiertz, sehr geehrte Damen und Herren,
640 Mio. € – eine Zahl, die uns im aktuellen Haushalt gleich doppelt begegnet: Einerseits als geplanter Investitionsbetrag für die kommenden fünf Jahre, andererseits als Kreditbestand. 640 Mio. €, die in Schulen, Straßen, Digitalisierung und Klimaschutz fließen. Diese Investitionen sind notwendig, um die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt zu sichern. Doch auf der anderen Seite steht ein Schuldenberg– ein deutlicher Hinweis darauf, dass der finanzielle Spielraum enger ist, als es die ambitionierten Pläne vermuten lassen.
Die Frage drängt sich auf: Sind alle geplanten Projekte noch zeitgemäß, oder müssen Prioritäten neu gesetzt werden? Was ist dringend – und was kann warten? Für uns sind die Antworten klar: Kita- und Schulbauprojekte sowie die Substanzerhaltung der städtischen Infrastruktur haben höchste Priorität. Und mit Blick auf den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz im Jahr 2026: Es ist inakzeptabel, wenn Eltern keine Berufstätigkeit aufnehmen können, weil Betreuungsplätze fehlen.
Ein Beschluss aus dem Jahr 2016 sieht den Anbau eines neuen Verwaltungsgebäudes am Rathaus vor. Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung und basiert auf den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vor neun Jahren. Seitdem sind die Kosten auf 55 Mio. € explodiert. Geplant sind 2.200 Quadratmeter Bürofläche für 178 Arbeitsplätze – eine Fläche, die zu einem exorbitanten Preis pro Arbeitsplatz entstehen soll. Ein neuer Ratssaal soll den alten ersetzen, der dann nur noch für besondere Anlässe genutzt – also die meiste Zeit leer stehen wird.
2016 waren das Sanierungsgebiet Alleestraße und der Kauf des Sinn-Leffers-Gebäudes noch kein Thema. Das ehemalige Sinn-Leffers-Gebäude, das nach kostspieligen Umwegen nun im Besitz der Stadt ist, soll zu einem „Dritten Ort“ – einem Ort der Begegnung – umgebaut werden. Dafür gibt es Fördergelder. Doch warum nicht ein altes und ein neues Projekt zusammenführen, um Synergien zu schaffen? Aus diesem Grund haben wir den Antrag eingebracht, diese Immobilie als zentralen Verwaltungsstandort und Alternative zum Anbau zu nutzen, anstatt einen vierten „Dritten Ort“ zu errichten – und vielleicht auch nur, weil es dafür Fördermittel gibt.
Stadtplanung sollte sich an tatsächlichen Bedarfen orientieren. Strategische Entscheidungen allein auf Fördermittel auszurichten, führt zwangsläufig zu Fehlentwicklungen.
Auch für die geplante Sanierung des Freibads Eschbachtal hofft man auf Fördergelder. Noch sind nicht alle Fördermittel gesichert, und auch der Verkauf der restlichen RWE-Aktien zur Finanzierung steht auf wackeligen Füßen. Wir befürworten die Sanierung, doch hätte man bei den Planungen nicht auf das ein oder andere verzichten können, um Kosten zu sparen? Die Verwaltung teilte mit, dass eine Änderung nun mit Blick auf die erhaltenen Förderungen nicht mehr möglich sei.
Ein weiteres Beispiel zum Thema Prioritätensetzungen sind die geplanten Gewerbegebiete Erdbeerfelder und Gleisdreieck. Für viel Geld hat die Stadt Flächen gekauft. Doch die entscheidenden Fragen sind noch ungeklärt: Gibt es ein aktuelles Gutachten zur Umsetzbarkeit vor allem im Hinblick auf die EU-Wasserrahmenrichtlinie? Bisher nicht. Sollte das Projekt aufgrund von Umweltauflagen scheitern, besitzen wir die teuersten Felder der Umgebung – ohne einen einzigen Quadratmeter Gewerbefläche entwickelt zu haben.
Auch beim geplanten Outletprojekt geht die Stadt erneut in Vorkasse – für einen Milliardär. Knapp drei Mio. € sind im Haushalt für den Ausbau der Kreuzung Ring/Hackenberger/Schwelmer Straße vorgesehen. Und dass, obwohl keine Gutachten vorliegen und keine vertragliche Vereinbarung existiert, die den Investor zur Übernahme der Kosten verpflichtet. Die Begründung? Beim alten DOC-Projekt sei es ebenso geplant gewesen. Wir hoffen, dass man nicht – ebenso wie beim alten DOC-Projekt- auf den Kosten sitzen bleibt.
Wie sehen- Geld scheint offenbar vorhanden zu sein – zumindest 720.000 € für 100 Kübelbäume. Kein Geld gibt es jedoch für das seit Jahren versprochene und -alle Wahlen wieder- in dem ein oder anderen Kommunalwahlprogramm angekündigte Jugendcafé. Wir hoffen nun, dass unser Antrag, dafür Mittel im Haushalt bereitzustellen, von einer politischen Mehrheit unterstützt wird. Ansonsten sollten die Parteien, die es in ihren Wahlprogrammen zur anstehenden Kommunalwahl aufgenommen haben, es jetzt streichen!
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Ausgaben werden keineswegs geringer – im Gegenteil. Im Vergleich zum vorherigen Doppelhaushalt steigen die Investitionen um 144 Mio. €.
Wir würdigen die bereits unternommenen Anstrengungen, einen ausgeglichenen Haushalt zu erzielen, sehen jedoch auch, dass wir vor erheblichen finanziellen Herausforderungen stehen, auf die wir nur begrenzt Einfluss haben – etwa die Entwicklung der Transferaufwendungen, die in den kommenden vier Jahren voraussichtlich um über 50 Millionen Euro steigen werden.
Wir haben jedoch Einfluss darauf, wie stark die Bürger durch Steuern, Gebühren und Abgaben belastet werden. Wie jeder private Haushalt, der mit weniger auskommen muss, sollte auch eine Kommune verantwortungsvoll haushalten.
Ein Schritt in diese Richtung wäre die Senkung des Grundsteuer-B-Hebesatzes auf 770 Punkte – vorausgesetzt, der Gesetzentwurf zum Altschuldenfonds des Landes NRW wird im Juli beschlossen. Einen entsprechenden Antrag haben wir heute eingebracht.
Aber auch einige gute Dinge bringen wir heute gemeinsam auf den Weg und es gibt auch Hoffnung. Die Kosten für den Friedrich-Ebert-Platz liegen im Plan, wie Herr Heinze vorgestern berichtete. Gemeinsam konnten wir uns auf Maßnahmen zur Sanierung des Parkhauses am Bahnhof einigen. Auch ein ermäßigter Eintritt im h2O für Kinder und Familien in den Sommerferien, die Unterstützung des Sportbundes und das Projekt „Filmschule“ wurden berücksichtigt.
Aber dennoch: Wir tragen die Verantwortung für diesen Haushalt – inklusive der Folgen für kommende Generationen. Es ist zwingend erforderlich, die geplanten Investitionen auf das Notwendige zu beschränken und weitere Belastungen für die Bürger auf ein Minimum zu reduzieren. Ausgabendisziplin statt Steuererhöhung!
Das spiegelt der vorliegende Haushaltsentwurf nicht wider. Daher bleibt uns nur ein „Nein“ zu diesem Haushaltsentwurf. Wir lehnen den vorliegenden Haushaltsentwurf 2025/2026 ab.
15-05-2025
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