Rede zum Haushaltsentwurf 2023/2024

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sehr geehrte Damen und Herren,

Doppelwumms und Wummsquadrat! Die Stadt will in den kommenden Jahren mehr als eine halbe Milliarde Euro investieren.

Wichtige Zukunftsinvestitionen konnten auf Grund der Einschränkungen durch die Aufsichtsbehörde, lange Zeit nicht getätigt werden.

Rückblickend sollte man sich allerdings auch die Frage stellen, ob das, was in der Vergangenheit an Geld in Investitionen gesteckt wurde und auch heute auf den Weg gebracht werden soll, in die richtigen Projekte investiert wurde und wird. Ich erinnere z. B. an die 12 Mio. für das DOC. Geld, welches man an anderer Stelle sinnvoller hätte investieren können.

Beim vorliegenden Haushaltsentwurf hegen wir Zweifel, ob die im Investitionsprogramm gelisteten Maßnahmen tatsächlich mit den vorhandenen Personalressourcen und den eingeplanten finanziellen Mitteln, abgearbeitet und umgesetzt werden können. Darüber hinaus sehen wir bei einigen Investitionen durchaus Potenzial für einen Eintrag ins Schwarzbuch der Steuerzahler.

Rathausanbau: Der Ratshausanbau wird als „rentierliche“ Investition ausgewiesen. Begründet wird dies wie folgt: „Das Rathaus wird durch einen neuen Erweiterungsbau vergrößert und bietet dadurch mehr Platz für Behörden und den notwendigen Neubau einer Rettungswache in der Innenstadt. Infolgedessen können alte, renovierungsbedürftige Gebäude veräussert, ein angemietetes Gebäude und die Rettungswache in der Alleestr. abgemietet werden und somit hohe Kosten eingespart werden.“

Die Frage, welche alten, renovierungsbedürftige Gebäude durch den neuen Anbau veräußert und abgemietet werden und in welcher Höhe Kosten eingespart werden könnnen, konnte die Verwaltung ebenso wenig beantworten wie die Frage nach einem Raumkonzept. Ein bisschen wenig um eine „rentierliche“ Investition in Höhe von fast 31 Mio. Euro zu begründen.

Sanierung des Freibades Eschbachtal:

Mehr als 30 Mio. Euro sollen in die Sanierung des Freibades investiert werden. Ein Bad, welches max. drei Monate im Jahr geöffnet hat; vorausgesetzt natürlich, es stehen ausreichend Bademeister zur Verfügung. Zu dieser Investition fehlt nicht nur eine detaillierte Kostenaufstellung, aus der man vielleicht noch auf Einsparpotenziale hätte schließen können, es fehlen auch die Folgekosten. Am 17.04. habe ich bei der entsprechenden Fachabteilung per E-Mail nachgefragt. Eine Reaktion oder Antwort habe ich bis heute nicht erhalten. Solange dies nicht klar ist, können wir dieser Beschlussvorlage nicht zustimmen.

Zu den geplanten Gewerbegebieten

Auf unsere Nachfragen wurde wiederholt mitgeteilt: „Wir sind auf einem guten Weg“ und „es werden Gespräche geführt“. Mittlerweile sind Jahre vergangen und es werden immer noch Gespräche geführt, allerdings immer ohne ein konkretes Ergebnis. Dazu noch die Anmerkung, dass Mitglieder des Hückeswagener Rates auf Nachfrage mitteilten, dass das Gleisdreieck kein aktuelles Thema in ihrem Rat sei.

Die Rentierlichkeit konnte bislang nicht dargestellt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,

das sind nur drei Projekte von der Liste der vielen Maßnahmen. Wir haben beantragt, die Projekte, deren Umsetzung im Zeitraum des IP 2024 unrealistisch ist, in spätere Jahre zu verschieben. Darüber hinaus sehen wir die Notwendigkeit, alle eingestellten investiven Maßnahmen, unter Berücksichtigung der vorhandenen Ressourcen, auf ihre Durchführbarkeit zu überprüfen und entsprechend zu priorisieren.

Priorität haben für uns alle Kita – und Schulbauprojekte, sowie die Substanzunterhaltung unserer Infrastruktur und städtischen Gebäude.

Es ist kein hinnehmbarer Zustand, wenn Mütter wegen fehlender Kinderbetreuungsplätze keiner Berufstätigkeit nachgehen können, wenn Eltern wegen Schimmel in Schulgebäuden sich um die Gesundheit ihrer Kinder sorgen und gefühlt gibt es mittlerweile kaum eine Straße in Remscheid ohne Schlaglöcher. Hier sehen wir akuten Handlungsbedarf, zumal Versäumnisse in der Substanzerhaltung in der Zukunft teurer bezahlt werden.

Sicherlich kann nicht alles was gewünscht wird auch umgesetzt werden, es sei denn an anderer Stelle wird weniger ausgegeben.

Die grundsätzliche Frage lautet daher, investieren wir richtig und was spricht dagegen, die im Haushalt eingestellten und nicht zwingend erforderlichen Maßnahmen aufgrund der Krisen nach hinten zu verschieben oder auf Eis zu legen?

Als kritisch bewerten wir die Kompensation von Personalkosten durch die Reduzierung von bilanziellen Abschreibungen mittels Streckung der Nutzungsdauer von städtischen Immobilien, wohlwissend, dass dadurch keine Erträge generiert werden, mit denen die Gehälter tatsächlich bezahlt werden können.

Sehr geehrte Damen und Herren,
mit dem Wummsquadrat kommt auch die Doppelwumms Erhöhung der Grundsteuer B, die wir nicht mittragen werden. Die Grundsteuer B ist nicht nur für die Remscheider Bürger, sondern auch für Unternehmen ein wichtiger Standortfaktor. Die geplante Erhöhung wird mit der steigenden Zinsbelastung durch Altschulden und der fehlenden Altschuldenlösung begründet. Nicht nur der städtische Haushalt, sondern auch die Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen vor Ort leiden finanziell unter den Folgen der durch die Krisen ausgelöste Inflation.

Diese haben jedoch nicht die Möglichkeit ihre Kosten
zu isolieren. Die Vermeidung von Steuererhöhungen sollte in Zeiten der höchsten Inflation seit 1951 daher Priorität haben.

Wir stellen nicht in Abrede, dass viele Anstrengungen unternommen wurden und werden, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Zusätzliche Belastungen durch den Ukraine-Krieg, der Coronapandemie und Energiekrise haben die Probleme noch verschärft. Die in diesem Zusammenhang geschaffene Möglichkeit, Zusatzkosten zu isolieren, sehen wir nicht als finanzielle Unterstützung zur Finanzierung von Mehraufwendungen, sondern als eine reine Bilanzierungshilfe.

Damit werden die Probleme lediglich in die Zukunft verlagert.

Schon Ludwig Erhard stellte fest: „Wenn Steuern erhöht werden und öffentliche Infrastruktur verfällt, dann ist das bereits ein

Teil der Zeche, die der Bürger dafür zahlt, dass wir jahrelang über unsere Verhältnisse gelebt haben und nach wie vor leben“

Das trifft den Nagel auf den Kopf. Die Politik von Bund, Land haben sicherlich zum desolaten Zustand unseres Haushaltes beigetragen;

Dazu gehören auch die Vermächtnisse der politischen Entscheidungen, die in den vergangenen Legislaturperioden in unserer Stadt getroffen wurden und an denen wir heute noch zu knabbern haben.

Aber heute und hier, sind wir es, die Verantwortung für diesen Haushalt inkl. der Folgen für die kommenden Generationen tragen.

Wir sind diejenigen, die darüber entscheiden welche finanzielle Last wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen.

Die Antwort auf die Frage, was passiert wenn die Baukosten und Zinsen weiter steigen und der erhoffte Altschuldenfonds doch nicht kommt, lässt in letzter Konsequenz nur ein „Nein“ zu diesem Haushaltsentwurf zu.

Wir lehnen den vorliegenden Haushaltswurf 2023/2024 ab!

 

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